Miami Vice 7

Teil 7

Big Game Fishing Fort Lauderdale


Good Morning Germany!

Gestern Abend habe ich ihn kennengelernt: Jack. Nein, nicht irgendeinen Jack, sondern Captain Jack! „Hey, nice to meet you HD“. Und ja, wir haben uns gleich auf Anhieb gut verstanden. Ich bin ein wenig durch Fort Lauderdale gefahren und habe dann die Fischerboote gesehen. Klar, dass ich da gleich halten musste. Damals bin ich mit meiner Frau schon mal mit so einem Boot zu einer Angeltour raus gewesen. Das war eine tolle Sache und ich würde es gerne noch mal wiederholen. Jack könnte mich für 150$ mitnehmen. Der Preis scheint mit in Ordnung zu sein. Ich hatte schon ein Angebot für 180$. Natürlich gibt es auch hier die Partyboote, da sind dann jede Menge Leute drauf und es kostet nur 40$. Ich bin mir noch nicht sicher und Captain Jack gibt mir seine Karte. Und jetzt ratet mal was drauf steht? Sein Schiff ist die weltbekannte, nein nicht die „Black Pearl“, sondern die„Shooting Star“ aus der TV-Serie „Miami Vice“! Ja, wenn sich da mal nicht ein Kreis schließt.


Shooting Star

Am nächsten Tag geht es los. Ich rufe Jack vorsichtshalber noch mal an und er sagt mir, dass das Boot jetzt in einem anderen Hafen liegt. Nicht wie gestern. Gut, kein Problem. Ich komme an und von Jack ist weit und breit nichts zu sehen. Als ich einen Mann nach Captain Jack frage, schaut er mich etwas seltsam an. „Welchen Captain Jack“? Ob ich nicht etwas mehr über ihn wüsste? Ah, denke ich und zeige ihm die Karte mit der Shooting Star. Er greift zum Telefon und sagt: „Hey Jack, komm mal rüber, hier steht so'n Typ, mit ´ner alten Karte von der Shooting Star, hast du ihm die gegeben?“ Hm, denke ich. Dann taucht er auf, mein Freund von gestern. „Alles klar Buddy?“ „ Jo, läuft. Ich wusste, dass du herkommst. Hatte ich im Gefühl“! Jack ist ein toller Typ. Allerdings habe ich so meine Zweifel, ob er tatsächlich der Captain Jack ist, für den er sich gestern ausgegeben hat. Ich checke ein, was nichts anderes bedeutet, als dass ich meine Visa durchziehe und an Bord darf . Dort werde ich von Captain. Dave begrüßt. Mensch denke ich, alles nur Häuptlinge, keine Indianer und das Boot ist natürlich auch nicht die Shooting Star. Ist aber nicht so schlimm, Hauptsache es schwimmt. Es kommt noch eine Familie aus Kanada hinzu und wir wollen los. Allerdings holt sich Jack noch eben einen Wasserschlauch vom Anleger, zieht sein T-Shirt aus und duscht sich ab. Sind ja schließlich Gäste an Bord, da kann man sich schon mal Mühe geben. T-Shirt wieder an und los geht es. Der Rest trocknet von selbst. Ich glaube, Jack ist ein harter Hund.

Reihenendhaus

Um auf das offene Meer, in diesem Fall den Atlantik, zu kommen, müssen wir erst mal durch die Kanäle von Fort Lauderdale. Irre, was hier an Häusern und Booten und riesigen Schiffen steht und liegt. Die Eckgrundstücke sind anscheinend besonders beliebt, denn da stehen noch mal richtige Villen. Das ist hier wohl ungefähr so, wie bei uns ein Reihenendhaus. Wir sind draußen und es geht los. Einer der Kanadier fragt mich, welche Fische ich denn heute fangen möchte. Oh, ich wusste gar nicht, dass man sich das hier aussuchen kann. Ja, es ist sein erster Angeltrip. Ach, so. Nebenbei gesagt, hat der junge Mann einige Tattoos. Zwei finde ich echt cool. Ein alter VW-Bus und eine 6-Gang-Schaltkulisse zieren seinen Oberarm.

Irgendwie läuft es nicht so mit dem Fische fangen. Jack gibt alles und probiert diverse Köder aus. Aber kein Biss. Der Kapitän, funkt die anderen Boote an, aber da ist auch Flaute. Ich bin nicht überrascht, so ist das eben mit dem Angeln. Man muss einfach Geduld haben und die Tour genießen. Das Wetter ist einfach traumhaft und wenn wir nichts fangen, haben wir wenigsten eine tolle Tour gehabt. Die Kanadier haben sich das anscheinend etwas anders vorgestellt.

Teamplayer or not

Einer der Jungs aus Montreal macht den Vorschlag, wir sollten doch mal anfüttern und ein paar Haie anlocken. Das lässt Jack sich nicht zweimal sagen und reicht ihm sein langes Filiermesser: „Einmal schön tief in den Finger schneiden und dann über Bord ausbluten lassen!“ Der Junge verliert etwas an Gesichtsfarbe und kriegt gerade noch ein schlappes Grinsen zustande. Aber Jack lässt nicht locker: „Was ist, bist du nun ein Teamplayer oder nicht?“ Nee, dann lieber doch nicht. Unser Jack bereitet derweil einen Fisch aus der Eisbox als Köder vor. Mit zwei Haken gespickt geht der Köderfisch über Bord. Jack pustet dann noch einen gelben Luftballon auf und bindet ihn an die Schnur. Ab jetzt starren wir alle nur noch auf den gelben Ballon. Wenn der weggeht, sagt Jack mit tiefer Stimme, dann geht’s hier ab. Ich muss an den Film „Der Weiß Hai denken“.

 

Big Game

Es ist natürlich so, wenn ein Fischerboot nichts fängt, fällt das unweigerlich auch auf den Kapitän zurück. In unserem Fall gleich auf zwei Kapitäne. Das macht die Jungs anscheinend etwas nervös. Sie wollen den Kunden ja auch was bieten. Im Hafen wurden wir schon gefragt, ob wir eine Kochgelegenheit haben, für den Fang? Na ja. Ich sitze oben beim Käpt´n und genieße Fahrt und Aussicht. Wir zuckeln so langsam vor uns hin. Plötzlich fängt die Rolle der Angelrute an zu surren und der Luftballon taucht ab. Ich glaube ich spinne, da hätte ich nie mehr mit gerechnet. Der Kapitän reagiert sofort und gibt Gas, jetzt muss er den Anhieb setzen sonst ist der Fisch (hoffentlich ist es nur ein Fisch und kein russisches U-Boot) weg. Jack schreit, der Captain schreit. Die Jungs sind außer sich vor Freude, weil jetzt einer am Haken hängt. Die dicke Hochseerute biegt sich, dafür ist sie gemacht.

 

Abwechselnd dürfen wir jetzt im großen Sessel Platz nehmen und den Fisch einholen. Das ist harte Arbeit und nach ein paar Minuten gibt der erste auf. Jetzt muss ich runter, Jack hatte mir gestern ja einen großen Fang versprochen. Alle sind ganz aufgeregt und fragen Jack, was da aus der Tiefe des Atlantiks wohl auf uns zu kommt. Das ist natürlich die Frage aller Fragen aber mein Kumpel Jack, der nach eigener Aussage schon sein ganzes Leben lang angelt, vermutet einen großen Shark, also doch kein U-Boot. Jetzt werden die Augen groß und alle reden durcheinander. Andere Fische könnten wir mitnehmen aber sollte es ein Hai sein, ist der geschützt und wird sofort wieder freigelassen. Allerdings kann man, wenn man möchte, eine originalgetreue Kopie des Fisches als Trophäe bestellen. Dafür würde er dann noch vermessen und fotografiert. Eine darauf spezialisierte Firma stellt dann ein Abbild als Kunststoff-Fisch her. Das kostet, je nach Größe, schon mal 1500$ oder mehr. Aber sie versenden auch weltweit, gibt Jack zu bedenken. Aber noch ist der Bär ja nicht erlegt.

 

Dann ist es soweit, der Fisch kommt an die Oberfläche. Es ist tatsächlich ein Hai! Eigentlich ist das schade, denn jetzt bleibt die Küche kalt und die ganze Arbeit war umsonst. Zu der ganzen Angelei kann man ja stehen wie man will. Ich für meinen Teil esse gerne Fisch und hätte mich über einen frisch gefangenen sehr gefreut. Aber so geht jetzt wieder jeder seiner Wege. Zurück im Hafen verabschiedet Jack mich, als wären wir Jahrzehnte lang, zusammen über die Weltmeere gesegelt. „Mach´s gut alter Junge“! „Aye, Aye Captain“!

 

Please don´t go

Hans-Dieter Wuttke (HDW)