ROUTE 66 oder NIX!

Bild: Welcome to Death Valley National Park, HDW, Hans-Dieter Wuttke, Route 66 oder Nix; Mercedes-Benz

Route 66 oder NIX!
2015

Reisegeschichten von

HDW

 

Teil 15

Die Route 66

 

 

Good Morning Germany!
Jetzt schreibe ich schon die 15. Folge von „Route 66 oder NiX!“ und dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass ich nur einen kleinen Teil dieser Reise tatsächlich auf der legendären Straße verbracht habe.  Deshalb will ich hier ein bisschen was nachholen. Ein Route 66 Special sozusagen. So mal quer durch den Garten, hätte meine Oma gesagt.

 

Santa Monica, California

Bild: HDW; Hans-Dieter Wuttke; End of Trail, Route 66 oder NIX, California, Santa Monica Pier
Bild: Route 66, HDW, Hans-Dieter Wuttke, Route 66 oder nix, Sant Monica, End of Trail, LA, California

Wie alles begann

Angefangen hat alles am Ende der Legende: Am Santa Monica Pier in Los Angeles. Im Jahre 1987 war ich hier das erste Mal und bin die letzten Meter der Sixty Six bis zum Pier zu Fuß gegangen. Danach kamen die ersten Teilstücke in California und Arizona. Fast die komplette Route habe ich dann auf meiner Tour von New York City nach San Francisco eingebaut. Wobei natürlich immer einer aus der Ecke kommen kann und nach einer kleinen Strecke fragen kann, die ich dann vielleicht nicht gefahren bin. Aber das macht mir nichts. Hierzu muß man wissen, dass die alte Straße nur noch teilweise erhalten ist und oft durch neue Highways ersetzt wurde oder manchmal einfach im nirgendwo endet.

 

Bild: Route 66, HDW, Hans-Dieter Wuttke, Route 66 oder nix,
Klar hängt das Schild unter meinen Carport, wo denn sonst? Der Verlauf von Chicago nach LA ist hier mal ganz simpel, aber dafür sehr übersichtlich dargestellt.

Ist nicht alles irgendwie Route 66?

Es gibt sicherlich Spezialisten, die mit Hilfe von alten Karten jede einzelne Meile nachfahren. Das ist bestimmt auch klasse, war jedoch bisher nie mein Anspruch. Ich war am Beginn der Route 66 in Chicago und bin nach Californien gefahren. Soweit so gut. Für mich stand nie nur die 66 im Vordergrund, sondern ich habe es immer so genommen, wie es gerade am besten passte. Denn selbstverständlich gibt es, wenn man einmal quer durch die USA fährt, ja links und rechts auch noch jede Menge zu sehen. Aber wenn ich auf meinen Road Trips irgendwo ein Schild mit der magischen 66 sah, habe ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, ein Stück auf dieser amerikanischer Geschichte zu fahren. Mein Schwerpunkt lag und liegt bisher jedoch eindeutig auf der zweiten Hälfte der Strecke: Oklahoma, Texas, New Mexico, Arizona und California.

 


Bild: HDW; Hans-Dieter Wuttke; End of Trail, Route 66 oder NIX, California, Santa Monica Pier

Oklahoma

Texas

Bild: Route 66, HDW, Route 66 oder nix, Hans-Dieter Wuttke
2011: Der Besuch auf der Cadillac Ranch darf natürlich nicht fehlen
Bild: Route 66, HDW, Hans-Dieter Wuttke, Route 66 oder nix, Harley-Davidson
Klar wollen alle ein schönes Andenken mit dem Schild. Und deshalb erst mal schön anstellen...

Da simmer dabei, dat is prima!

Immer mehr Städte und Gemeinden nutzen die heutige Beliebtheit der Straße aus und stellen entsprechende Hinweisschilder auf. Zum Beispiel in Adrian, Texas dem Mittelpunkt der 66. Auf meinem Trip von der Brooklyn Bridge in New York City bis zur Golden Gate Bridge in California, stand ich hier mal mit einem silbernen Ford Mustang Cabrio. Mein Dach war auf und ich habe schön laut „Ballermann Hits“ gespielt. Klar, dass ich dann von deutschen Harley-Touris angesprochen wurde. Ich hätte auch Roberto Blanco spielen können: Ein bisschen Spaß muss sein…!

Bild: HDW; Hans-Dieter Wuttke; End of Trail, Route 66 oder NIX, California, Santa Monica Pier
Zwischenziel erreicht, die Hälfte der Route 66 ist geschafft (oder leider schon vorbei?) Das Restaurant ist gegenüber.
Bild: HDW; Hans-Dieter Wuttke; End of Trail, Route 66 oder NIX, California, Santa Monica Pier

Arizona

Seligman to Kingman

Hier in Seligman beginnt ein schönes Stück ursprünglicher Route 66. Der Ort selbst lebt vom Sixty Six Tourismus und besteht gefühlt fast nur aus Souvenirläden. Einige alte Autos stehen als Fotomotive bereit und große Reisebusse bringen Kaufkraft in Form von Touristen. Gerade als ich einen der Läden verlasse, öffnet ein Bus seine Türen. Der Ladeninhaber drängelt sich an mir vorbei und begrüßt die Ankömmlinge lautstark: „Herzlich Willkommen, Restrooms (Toiletten) gerade durch, der Kaffee ist umsonst, bitte bedienen sie sich“. Klar, wenn du einen Deal mit dem Busfahrer hast und der hält genau vor deinem Laden, das kann schon den Unterschied machen. Aber das ist nicht mein Problem. Ich bringe ein paar meiner deutschen Nummernschilder unters Volk und fahre dann weiter zu meinem Lieblingsort in dieser Gegend: Hacksberry!

Bild: Seligman to Kingman, Route 66, HDW, Route 66 oder nix, Hans-Dieter Wuttke
Dieser Loop hat es mir angetan. In der Nähe von Las Vegas, ein 90 Meilen langes original Stück Route 66. I love it.
Bild: Route 66, Seligman, HDW, Hans-Dieter Wuttke, Route 66 oder nix, Arizona
Die Verkäuferin wollte nicht auf's Bild, weil ihre Haare irgendwie an dem Tag nicht so richtig lagen. Das Schild hat sie aber gerne genommen.

Hackberry General Store

Bild: Hackberry General Store, Route 66; HDW; Hans-Dieter Wuttke

Mein Lieblingsladen
Bevor ich das erste Mal hier war, bin ich noch vorbei gefahren und dann, einer Eingebung folgend, noch einmal umgedreht. Das Spiel ist natürlich überall ähnlich. Da es in der Wüste nicht zu viel Arbeit gibt, stellt der findige Einheimische ein paar alte Autos und Route 66-Schilder vors Haus und wartet auf die Dollarbringer. Das ist von mir nicht böse gemeint und ausserdem bin ich ja genau deswegen hier. Irgendwie etwas von der Geschichte der alten Motherroad aufzusaugen und mit einem Gefühl weiter zu fahren, dass ich nicht beschreiben kann. Eben einfach nur Route 66 fahren.

 

I'm the Boss

Bei meinem diesjährigen Besuch ist der Chef persönlich anwesend. Wir schnacken ein bisschen rum und ich frage ihn, ob er in seinem Laden aufgeräumt hat? Mir kommt es irgendwie so vor als wäre im Eingangsbereich etwas mehr Platz als sonst. Aber der Boss nimmt mir den Wind aus den Segeln: Hier hat sich seit 30 Jahren nichts geändert. Nur die ganzen Schilder, Aufkleber und Mitbringsel der Touristen natürlich. Aber die Regale und alles andere sind eben schon einen Tag älter. Ich überreiche John mein Nummernschild und er ist sichtlich erfreut. Natürlich will er es aufhängen, was denn sonst? Als ich meine Sachen bezahlen will, schenkt er mir die Cola und den Schokoriegel (kaufe ich hier jedes Jahr): „This is for your trade“. Klasse, vielen Dank. Das freut mich aber. Was mich nicht so gefreut hat, war, dass ich mein Geschenk aus dem letzten Jahr (eine Flasche Fritz Cola) nicht im Laden wiedergefunden habe. Erst zu hause habe ich sie auf dem Bild neben dem Chef entdeckt. Also doch wieder gefreut. 

Ja, ich gebe es zu, ich komme öfter mal vorbei und bringe was aus Deutschland mit.

Ich bin wieder hier...

Ich bin jetzt das dritte Mal hier in Hackberry. Normalerweise schaue ich mich um und versuche die Geschenke zu finden, die ich im Jahr davor hergebracht habe. Aber außer der Mercedes-Mütze kann ich nichts finden. Es ist auch fast unmöglich, hier unter diesen vielen Hundert, oder sind es tausende Aufkleber, Schilder und was weiß ich nicht alles, ein bestimmtes zu finden. Jedenfalls für mich. Beim ersten Mal war ein Cowboy hinter dem Tresen, beim zweiten eine (seine?) Frau. Sie hat mir erzählt, dass hier manchmal Leute reinkommen und wie die Raben klauen. Einmal stand ein Mann stand vor ihr und sie konnte das Route 66-Schild unter seinem T-Shirt sehen, aber er hat einfach alles abgestritten. Was willst du dann als Frau machen? Manchmal hilft da nur ein schöner schwerer 45er mit Perlmuttgriff. Nein, das ist sicher auch nicht die Lösung. Aber das ist dann wieder eine andere Geschichte. Natürlich gibt es in dem kleinen Verkaufsraum auch das wichtigste im Wilden Westen: Restrooms! Genau, die Toiletten. Eine für Cowboys und eine für Cowboyinnen. Jeder Raum ist mit unzähligen Bildern des jeweils anderen Geschlechtes tapeziert. So kommt hier drin wenigstens keine lange Weile auf.

Kingman, Arizona: Powerhouse

Bild: Route 66, HDW; Route 66 oder Nix, Hans-Dieter Wuttke
Bilder wie diese hängen im Powerhouse Visitor Center in Kingman, Arizona

Früher war alles besser?

Die Motherroad, die legendäre Route 66 hat viel Elend gesehen und die verklärte History hat mit der damaligen Wirklichkeit bestimmt nichts mehr zu tun. Das Museum in Kingman zeigt sehr gut die ungeschminkte Realität, die damals auf der guten alten Route 66 zugegen war. Hitze und Staub, Regen, Kälte und Schnee und natürlich Armut. Die Leute kamen ja aus dem Dustbowl, dem Mittleren Westen, wo durch Dürre und Sandstürme Ernten und damit Lebensgrundlagen zerstört wurden. Diese Menschen waren dann mit dem Auto, und ihrer gesamte Habe unterwegs in den gelobten Westen, nach Kalifornien.

Ich mag es aber einfach auf der Straße unterwegs zu sein, Vielleicht ist es auch der Gedanke an etwas Großen beteiligt zu sein. Irgendwie ein Teil des Ganzen zu sein, was schon lange vor mir hier war und die Geschichten und Dramen vieler Menschen geschrieben hat. Denn im Gegensatz zu heute, wurden die Leute, die damals auf der Route 66 unterwegs waren, nicht überall mit offenen Armen empfangen. Ganz im Gegenteil. Es gab in manchen Bundesstaaten Grenzkontrollen und die Leute wurden wieder zurück geschickt. Nein, keine Ausländer. Alles Amerikaner. Heute fahren wir mit Chromblitzenden Harleys oder schicken Cabrios von einem Hotel zum anderen. Das ist natürlich auch in Ordnung und macht Spaß, aber ich finde es auch mal gut, an die schwere Zeit der Menschen von damals erinnert zu werden. Obwohl, wenn ich es mir recht überlege, hat sich da doch gar nicht so viel geändert, oder?

 

See you next week in California

Hans-Dieter Wuttke (HDW)

 

Fotos aus dem Museum im Powerhouse in Kingman, Arizona. Kann ich nur empfehlen, hier mal reinzuschauen.